Die Fahrzeuge im Regionalverkehr

Dieseltriebwagen Baureihe 610

Foto: MM

 
Technische Daten Fahrzeugliste Werkstatt Hof
Fahrzeugliste Werkstatt Nürnberg
 
Nach den Erfolgen der Neigetechnik in Italien (Pendolino) und Schweden (X2000) erinnerte man sich auch in Deutschland an die Anfang der 1970er Jahre erfoltgen Versuche mit einem Zug der Baureihe 614, zumal nach Inbetriebnahme der ersten Neubaustrecken nun auch Forderungen nach Fahrzeitverkürzungen abseits der Magistralen laut wurden. Die Deutsche Bundesbahn beauftragte daher im Jahre 1988 ein Konsortium, bestehend aus ABB, AEG, Duewag, MAN, MBB und Siemens, mit der Entwicklung und Lieferung von 10 Dieseltriebzügen mit gleisbogenabhängiger Wagenkastensteuerung. Im Jahre 1990 wurden weitere zehn Garnituren bestellt. Der Einsatz der Neigezüge war auf den von Nürnberg ausgehenden Strecken nach Bayreuth, Hof, Weiden und Schwandorf geplant.

Ende 1991 fanden die ersten Probefahrten mit den Fahrzeugen 610 001 und 610 502 zwischen Nürnberg und Bamberg statt. Bereits zum Sommerfahrplan Ende Mai 1992 startete dann der Betrieb mit den neuen Zügen als Regional-Schnellbahn (RSB) auf der Strecke nach Bayreuth und Hof, wobei beide Zugteile bis Pegnitz gemeinsam fuhren und dort geflügelt wurden. Ein Jahr später folgte der Einsatz nach Weiden/Schwandorf mit Zugteilung in Neukirchen (b. Sulzbach-Rosenberg). Jeder zweite Zug wurde über Schwandorf hinaus bis nach Furth im Wald verlängert.

Foto: RL Ungewöhnlich zuverlässig für Neufahrzeuge, bestritten die deutschen "Pendolinos" ihren Dienst in Nordostbayern und sorgten auf Grund der deutlichen Fahrzeitverkürzungen für Fahrgastzuwächse von mehr als 25 %. Wegen der hohen Laufleistungen von durchschnittlich 900 km je Tag erreichten die Züge bereits nach ca. vier Jahren ihren Kilometergrenzwert und mussten das Werk Kassel aufsuchen. 610 006/506 war der erste Zug seiner Baureihe, welcher nach erfolgter Hauptuntersuchung im April 1997 in verkehrsrot die Kasseler Werkhallen verließ. Alle anderen 610er folgten bis Spätsommer 2001 dieser neuen Farbgebung.

Über eine besondere Episode war im Mai 1995 zu berichten: Wegen eines Ausfalles einer S-Bahn-Garnitur der Linie S2 musste dringend ein Ersatzfahrezug gestellt werden und kurzerhand in 610 001/501 gefunden. Die Garnitur pendelte sodann mehrfach zwischen Nürnberg Hbf und Altdorf hin und her.

Das Jahr 2000 sollte nichts Gutes bringen für den Kurvenflitzer:
Im Sommer wurden an einigen Fahrzeugen Anrisse an der Aufhängung der Schlingerdämpfer am Fahrzeugrahmen festgestellt. Dies führte zur sofortigen Abstellung der betroffenen Züge, ferner erfolgte der Ausbau der Schlingerdämpfer bei allen 610ern und die zulässige Höchstgeschwindigkeit wurde von 160 auf 140 km/h begrenzt. Nach einem Achsbruch bei 610 006 im Dezember 2000 wurden auf Weisung des Eisenbahn-Bundesamtes alle 610er stillgelegt.
Foto: WK
Nach Abschluss der Untersuchungen erfolgte bei allen 20 Zügen eine Aufarbeitung der Schlingerdämpfer-Aufhängungen und der Achsen, sodass ab Juli 2001 wieder die Strecken nach Bayreuth und Schwandorf befahren werden konnten. Im Herbst desselben Jahres kam mit Regensburg - Hof eine neue Verbindung hinzu. Allerdings erfolgten alle Einsätze ohne aktive Neigetechnik. Erst ab Dezember 2002 durften die Pendolinos wieder bogenschnell verkehren. Neben den bisher befahrenen Strecken kam neu die Verbindung Nürnberg - Schwandorf - Regensburg hinzu, der Abschnitt Schwandorf - Hof wird jedoch zunächst nicht mehr bedient.

Mit Neueröffnung der neuen Regio-Werkstatt in Nürnberg wurden alle fränkischen Neigetechnikzüge - so auch der komplette 610-Bestand - in Hof zusammengefasst.

Ein entscheidender Einschnitt kam im Dezember 2012 zum Tragen: Nachdem Anfang 2012 entschieden wurde, die 610 über das Jahr 2014 hinaus wegen er schweren Ersatzteilbeschaffung und der damit verbundenen teuren Instandhaltung nicht mehr einzusetzen, wurde ein bereits begonnenes Aufhübschungsprogramm nach dem 14. Zug abgebrochen und der Umlauf von 16 Plantagen mit durchschnittlich 796 km auf nur noch 10 Tage mit 334 km drastisch reduziert. Der Einsatzschwerpunkt liegt nun auf der Verbindung Regensburg - Weiden - Hof.

Nach und nach wurden mehrere Züge außer Betrieb gesetzt und im Stillstands-Management in Hamm abgestellt. 610 017 und 018 gelangten vorübergehend zu DB-Arriva Tschechien und verkehrten dort probeweise. Doch auch hier wurden den beiden Zügen die fehlende Klimaanlage und schwere Ersatzteilbeschaffung zum Verhängnis, sodass auch sie wieder in Hamm stehen.

Foto: GS Zum Fahrplanwechsel am 13.12.2014 endete der planmäßige Einsatz der Baureihe 610. Am 18.12.2014 wurden von den restlichen noch in Hof vorhandenen acht Fahrzeugen sechs ebenfalls nach Hamm überführt. Zwei Tage zuvor beendete DB Regio Nordostbayern mit einer Sonderfahrt von Hof nach Nürnberg und zurück offiziell die Ära des ersten deutschen Pendolinos. Im Jahr 2019 fanden - bis auf zwei Ausnahmen - alle Züge den Weg des alten Eisens und wurden bei der Firma Steil in Trier-Ehrang zerlegt.

610 011 und 012 verblieben zunächst in Hof und sollen museal erhalten werden. Während 610 011 später zum DB Museum Koblenz gelangte, fand 610 012 bei der IG Dampflok Nossen e. V. eine Bleibe.

 

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19.02.2024 WK
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Wolfgang Kollorz
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